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Die Unterrichtsmethode „Planspiel“ im Gemeinschaftskundeunterricht am Beispiel des OEKOWI-Systemtrainings

© Stephan Wannewitz

 

 

Überlegungen zur Durchführung eines Planspiels

Planspiele finden in den herkömmlichen Gemeinschaftskundeunterricht nur selten Eingang. Die Gründe hierfür sind darin zu sehen, dass sie in der Regel mit einem enormen organisatorischen Aufwand verbunden sind. In einem Planspiel werden die wichtigsten an der Handlung beteiligten Instanzen durch Gruppen dargestellt. Die Handlungsweise der Gruppen ist jedoch nicht frei wählbar, sondern im Rahmen ihrer institutionellen und rollengemäßen Funktionen festgelegt1.

Ihren Ursprung haben Planspiele im militärischen Bereich. Bereits im 19. Jahrhundert erfolgte die Planung von kriegerischen Operationen bei schwer zu überblickenden militärischen Situationen in Sandkästen. Seit den 20er Jahren beschäftigte man sich an der Harvard Business School mit der Entwicklung der Fallmethode als praxisnahe Lehrmethode. 1956 gelang der American Management Association erstmals die computergestützte Simulation der wesentlichen Bereiche eines Betriebs2.

Die Rollen in einem Planspiel sind durch gesellschaftliche Mechanismen bestimmt, die notwendig sind, um ein gesellschaftliches Phänomen oder einen bestehenden Konflikt zu lösen. Jedes Planspiel basiert auf einer im alltäglichen Leben zu findenden Problematik, die in einer ganz bestimmten Art und Weise gelöst werden muß. Über eine Analyse des eigenen Verhaltens und des Verhaltens anderer an einem Konflikt beteiligten Gruppen wird eine Handlungsmöglichkeit gefunden3. Mit dieser Arbeitsweise folgt das Planspiel als Methode des Gemeinschaftskundeunterrichts der Definition des Hessischen Kultusministeriums, denn dort wird gefordert, dass „die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich-politischen Grundfragen der Gegenwart und Zukunft [...] ein Unterrichtskonzept [erfordert], das die Erfahrungen und Interessen der Lernenden [und] die komplexen gesellschaftlich-politischen Entwicklungen [...] verbindet“4. Bei dem verbindlichen Themenfeld „Moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft - Sicherung der materiellen Existenzbedingungen“ der Jahrgangsstufe 12, das auf das Thema „Moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft - Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ der Jahrgangsstufe 11 folgt, ist diese Verknüpfung mittels des Planspiels OEKOWI möglich.

 

 

Didaktische Überlegungen

Das Themenfeld „Sicherung der materiellen Existenzbedingungen“ des Kursstrukturplanes Gemeinschaftskunde, in dem das Planspiel angesiedelt werden kann, hat die Aufgabe, das Interesse der Schüler für wirtschaftliche Vorgänge und Zusammenhänge zu wecken5. Die Schüler stehen dieser Thematik oft distanziert gegenüber, und doch ist es erforderlich, grundlegende Sachverhalte und Probleme der Wirtschaft zu thematisieren, da die Kenntnis der wirtschaftlichen Strukturen gerade für Oberstufenschüler eine große Relevanz bezüglich ihrer persönlichen Zukunft hat.

Neben der Besprechung von Instrumenten und Funktionen der Wirtschaftspolitik bietet eine Verknüpfung mit dem Thema des letzten Halbjahres, „Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ die Möglichkeit, die zum Teil sehr enge Verquickung von ökonomischen und ökologischen Bedürfnissen zu untersuchen, so dass die Schüler (zumindest langfristig) erkennen können, dass diese beiden Bereiche einander nicht zwangsläufig ausschließen, sondern zwei der Grundpfeiler einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft sind. Die Kenntnis der Schüler über das magische Vier- beziehungsweise Sechseck ermöglicht tiefe Einblicke in Strukturen der Wirtschaft. Das klassische magische Viereck fordert als Ziele der Wirtschaftspolitik Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, Zahlungsbilanzausgleich und stetiges Wirtschaftswachstum. Diesen Zielen werden in den neueren Interpretationen der Umweltschutz und eine Verteilungsgerechtigkeit gleichberechtigt zugeordnet6. Neben der kognitiven Erkenntnis sollte in der Einheit aber darüber hinaus versucht werden, den Schüler die Aneignung von Schlüsselqualifikationen zu ermöglichen.

Die Themen Ökologie und Ökonomie7gehören im Moment zu den zentralen politischen und gesellschaftlichen Fragen und Themen, die den Schülern überall außerhalb der Schule begegnen und die auch für die Zukunft der Schüler von großer Bedeutung sind. Das Planspiel OEKOWI, das gerade diese beiden Aspekte miteinander verknüpft, bietet daher kognitiv einen möglichen Zugang zu der sehr komplexen Materie. Darüber hinaus erwerben die Schüler durch die besondere Dimension eines Planspiels wichtige Schlüsselqualifikationen, die durch eine andere Unterrichtsmethode nur sehr schwer zu vermitteln sind. Diesem Planspiel liegen die demokratische Grundordnung, die soziale und die ökologische Marktwirtschaft sowie die Sozialpartnerschaft zugrunde. Die immer wieder auftretenden Zielkonflikte sollen angesprochen und Ideen und Lösungen diskutiert werden. Dabei sollen die Teilnehmer im freien Urteil zu einer eigenen Meinung gelangen.

OEKOWI soll die Schüler befähigen, Grundzusammenhänge zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Ökologie aufzudecken und konkrete Entscheidungen aus unterschiedlichen Sichtweisen heraus zu treffen8.

 

Methodische Überlegungen

Das Planspiel ist eine Lernmethode, die in der Ausbildung von Managern der Wirtschaft und auch im betriebs- und volkswirtschaftlichen Studium bereits häufig eingesetzt wird. Die folgende Liste gibt die wichtigsten Gründe dafür an, warum sich Planspiele als aktive Lernmethode sowohl im Bereich der Lehre an Hochschulen und Akademien als auch in der betrieblichen Weiterbildung immer mehr durchsetzen:9

Ø      Planspiele bringen eine Verbindung theoretischer Überlegungen mit praktischen Problemstellungen.

Ø      Sie dienen dem Entscheidungstraining, denn die Teilnehmer meistern oft sehr komplexe Entscheidungssituationen.

Ø      Planspielen heißt Teamarbeit erleben. Teamarbeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für viele Planspiele.

Ø      Planspiele fördern vernetztes (ganzheitliches, systematisches) Denken; dies ist Voraussetzung für die Bewältigung komplexer Probleme.

Ø      Es ist heute möglich, wirtschaftliche Situationen und Prozesse in einem Komplexitätsgrad zu simulieren, der den typischen Verhältnissen in der Praxis genügend nahe kommt.

Ø      Planspiele ermöglichen persönliches Erleben und aktives Mitgestalten eines Unternehmens (oder sonstigen Planspielgegenstandes) über mehrere (Spiel-) Perioden hinweg.

Auch als Methode des politischen Unterrichts sind Planspiele seit längerer Zeit bekannt10, wenngleich die methodenimmanenten Schwierigkeiten ein großes Hemmnis für den Einsatz im alltäglichen Unterricht darstellen. Planspiele benötigen in der Regel eine weit über das Maß für den herkömmlichen Unterricht bekannte Vorbereitung und umfangreiche Rahmenbedingungen. Viele Planspiele wie auch das OEKOWI-Systemtraining haben ihren eigenen Zeitrhythmus, der nicht dem 45 Minutenrhythmus der Schule entspricht. Giesecke bezweifelte bereits „ob der vergleichsweise hohe technische Aufwand noch in einem rechten Verhältnis zum Lehrertrag stehe“11.

Somit gehört das Planspiel zu den Methoden, die Giesecke in einer Überarbeitung seiner „Methodik“ aus dem Jahr 1993 als nicht für den Schulunterricht geeignet einstuft12. Als Gründe werden hier der hohe organisatorische Aufwand sowie die Voraussetzung von hohen intellektuellen Standards und Verbalisierungsfähigkeiten bei den Akteuren angeführt.

 

Beschreibung des Planspiels

Das Planspiel OEKOWI ist in Zusammenarbeit der Ernst Schmidheiny Stiftung in Zürich mit der Hochschule St. Gallen entwickelt worden. Die Kernaufgabe, die diesem Planspiel zugrunde liegt, ist es, einen fiktiven Staat (Ökoland) mit ca. 50.000 Einwohnern im Sinne einer „nachhaltigen Entwicklung“ ökologisch zu verbessern, ohne allerdings ökonomische Faktoren zu vernachlässigen. Deutlich wird das Spielziel in der Verfassung von Ökoland im Artikel 2 (Ziele des Staates): „Die grundlegenden Ziele des Staates sind: Langfristige Wohlfahrt des Volkes, gute Umweltqualität, ausgeglichene Staatsrechnung, geringe Arbeitslosigkeit, stabile Preise, ausgeglichener Konjunkturverlauf, Sicherheit des Volkes sowie ausgeglichene außenwirtschaftliche Beziehungen“13. Wie in einem realen Staat wird die Staatstätigkeit durch eine Rechtsordnung (Verfassung) geregelt. Allen Spielern steht ein Auszug aus dieser Verfassung zur Verfügung. Dieser Auszug beinhaltet folgende Artikel14:

Artikel 1: Zweck (der Verfassung)

Artikel 2: Ziele des Staates

Artikel 3: Rechte und Pflichten der Bürger

Artikel 4: Staatsorgane und Gewaltenteilung

Artikel 5: Grundsätze der Staatstätigkeit

Artikel 6: Aufbau der Rechtsordnung

Artikel 7: Ökoland-Parlament15

Artikel 8: Ökoland-Regierung

Artikel 9: Ökoland-Gericht

Artikel 10: Umweltschutz

Artikel 11: Staatseinnahmen

Näher ausgeführt werden das Umweltschutzgesetz sowie das Gesetz über die Staatseinnahmen. Das Umweltschutzgesetz regelt vor allem die Grundprinzipien des Umweltschutzes, die in Ökoland existieren. Es handelt sich dabei um das Vorsorgeprinzip, die Bekämpfung an der Quelle, das Verursacherprinzip, die ganzheitliche Betrachtung sowie das Kooperationsprinzip.

Das Gesetz über die Staatseinnahmen regelt sowohl die Grundlagen der Steuereinnahmen sowie die Steuerberechnungsgrundlage und die Höhe der Steuersätze. Festgelegt sind durch dieses Gesetz die Ertragssteuern (25%), die Kapitalsteuern (3,2%), die Verbrauchssteuern (10%), die Einkommenssteuer (10%) und die Vermögenssteuer (0,5%). Änderungen dieser Steuersätze sind nur per Gesetzesvorlage und Abstimmung in der Ökoland-Parlamentskonferenz möglich.

Um diesen Staat zu entwickeln, nehmen die Schüler als Akteure unterschiedliche Rollen ein. Die Aufgaben in Ökoland werden von den Gruppen „Regierung“, „Unternehmen 1“, „Unternehmen 2“, „Haushalt 1“, „Haushalt 216“ sowie „Kommission Zukunft“ bewältigt. Optional ist außerdem der Einsatz einer Spielgruppe „Presse“ und einer Gruppe „Gewerkschaften“ möglich. In dieser Unterrichtsreihe konnte diese beiden Spielgruppen leider nicht besetzt werden, da der Kurs zu wenige Schüler hatte.

Die Spielgruppe „Regierung“ soll die staatlichen Interessen wahrnehmen. Für sie ist die genaue Kenntnis der bestehenden Rechtsordnung von großer Bedeutung. Bei der Regierung liegt die Überwachung dieser bestehenden staatlichen Grundlagen. Das primäre Ziel der Regierung sollte es sein, die ökologischen Interessen der Einwohner zu fördern und zu unterstützen, aber auch dafür Sorge zu tragen, dass den Staatsausgaben entsprechende Staatseinnahmen gegenüberstehen17.

Ausgaben entstehen für:

- Verwaltung, Polizei und Justiz

- Unterricht und Forschung

- Kultur und Erholung

- Umwelt

- Soziale Wohlfahrt

- Verkehr

- Kredite (Zinsen und Rückzahlung)

Einnahmen können erzielt werden durch Steuern, Abgaben und durch Kreditaufnahme. Die Staatsziele werden durch die Verfassung vorgegeben (s.o.).

Die Unternehmen 1 und 2 stellen für Ökoland typische Betriebe dar. Es werden aber keine konkreten Produkte erstellt, sondern es ist stets nur von „Stückzahlen“ die Rede. Die Unternehmen sind der Konkurrenz zweier ausländischer Unternehmen ausgesetzt, die von der Spielleitung gespielt werden. Die Ausgangslage bei Spielbeginn ist für beide Unternehmen gleich. Sie sind mit ihrem Produkt gut auf dem Markt etabliert. Sie haben mit rund 120 Mitarbeitern 289.536 Stücke hergestellt und dabei einen Gewinn in Höhe von 526.000 Fr.18 erwirtschaften können. Bei einem Marktanteil von jeweils 22% stehen die größeren ausländischen Unternehmen mit jeweils 28% etwas besser dar. Von großer Bedeutung für die Unternehmen ist die Wirtschaftslage des Landes, die sich durch die gesamtwirtschaftliche Situation und vor allem durch die steigenden Umweltprobleme als unsicher gestaltet. Auch der Einfluss der Endverbraucher darf nicht unterschätzt werden, da sich bei den Kunden zum einen ein verstärktes Umweltbewusstsein und zum anderen eine steigende Preisorientierung abzeichnet19.

Bei dem Spiel der Unternehmen müssen Ausgaben für folgende Positionen bedacht werden:

- Finanzen und Steuern

- Personalkosten

- Produktionsanlagen

- Material- und Energiekosten

- Information

- Forschung und Entwicklung

- Produktion

- Lager

- Absatz und Marketing

Die Einnahmen werden erzielt aus Verkaufserträgen, Kapitalerträgen und Kreditaufnahme. Die zu verfolgenden Ziele können unterteilt werden in die Bereiche Leistung (z.B. Produktqualität), Finanzen (Gewinnoptimierung), Soziales (hohe soziale Absicherung) und Ökologie (möglichst hohe Energie- und Umweltstandards).

Die Ausgangslage für die beiden Spielgruppen „private Haushalte“ ist gleich. Sie sind verantwortlich für eine vierköpfige Familie, die zu Spielbeginn in einer alten, renovierungsbedürftigen Mietwohnung in dem kleinen Dorf Seepass westlich der Hauptstadt Ökocity wohnt. Die Eheleute arbeiten gemeinsam 120% (100%=Vollarbeitsstelle, möglich sind also 200%). Die Arbeit verteilt sich je zur Hälfte auf die Unternehmen 1 und 2, an denen die Familien durch Aktienbesitz auch finanziell beteiligt sind. Sie halten ein Aktienpaket von 10 Aktien à 2357,- Fr.20

Bei dem Spiel der privaten Haushalte müssen Ausgaben für folgende Positionen bedacht werden:

- persönlichen Bedarf

- Wohnungsmiete

- Freizeit / Ferien / Bildung

- Verkehr

- Versicherungen

- Steuern und Abgaben

- Kredite (Zinsen und Rückzahlung)

- Sonderposten „übrige Ausgaben“

Diesen notwendigen Ausgaben stehen Einnahmen aus Arbeitseinkommen, Vermögenserträgen und Kreditaufnahme gegenüber. Die Spielziele sollten sein: hoher Wohlstand, gute Gesundheit, hohe Sicherheit, gute Umweltqualität und eine hohe Stabilität in Wirtschaft und Staat21.

Die wohl größte Bedeutung im Planspiel OEKOWI kommt der Spielgruppe „Kommission Zukunft“ zu. Sie unterscheidet sich von den anderen Gruppen dadurch, dass ihre Zusammensetzung flexibel sein kann. Es gibt als einziges ständiges Mitglied den Kommissionsvorsitzenden, der in jeder Sitzung der Kommission von je einem Mitglied der anderen Spielgruppen unterstützt wird. Die Spielgruppen können entscheiden, ob zu jeder Sitzung (die einmal pro Spielrunde stattfindet) ein anderer Spieler delegiert wird, oder ob immer der gleiche Spieler an den Kommissionssitzungen teilnimmt. Die Hauptaufgabe der Kommission liegt darin, während des Spiels die Gesamtverhältnisse in Ökoland zu überprüfen und gegebenenfalls Einfluss darauf zu nehmen, dass alle Spielgruppen (Haushalte, Unternehmen und Regierung) möglichst zukunftsgerichtete Entscheidungen treffen. Das Treffen der Kommission Zukunft findet jeweils vor den Parlamentssitzungen statt, so dass die Arbeit in der Kommission als eine Art Ausschuss angesehen kann, in dem die Spielgruppen von den Absichten der anderen Teilnehmer erfahren. Auf diese Art und Weise soll ermöglicht werden, bereits vor einer Antragstellung (in der Parlamentssitzung) mögliche ablehnende Haltungen auszuloten und geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten (Absprachen).

Für eine Sitzung der Kommission Zukunft, die stets unter dem Motto „Gemeinsam in die Zukunft“ steht, sollten alle Spielgruppen einige Kontrollfragen für sich und vor allem für ihr Handeln stellen:

v     Welche gemeinsamen Werte und Ziele haben wir?

v     Berücksichtigen wir die Systemzusammenhänge?

v     Bekämpfen wir wirklich die Problemursachen?

v     Sind unsere Maßnahmen langfristig orientiert?

v     Argumentieren wir sachlich kompetent?

v     Sind Wille und Engagement tatsächlich vorhanden?

v     Handeln wir aus Eigenverantwortung?

v     Ist unsere Zusammenarbeit effizient?

v     Halten wir uns an die ethischen Grundwerte?

v     Stimmen Wort und Tat überein?22

Die Schüler „übernehmen“ die Staatsgeschäfte, die Unternehmen und die privaten Haushalte im Jahr 1023. Über den Abschluss des Geschäftsjahres wird den Spielgruppen ein statistisches Jahrbuch ausgehändigt, aus welchem die Situation im Staate abgelesen werden kann24. Dort werden Auskünfte über die Staatsrechnung, die wirtschaftlichen Verhältnisse, die ökologischen Verhältnisse, die Verkehrssituation, die staatlichen Rahmenbedingungen, die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Situation der ausländischen Unternehmen erteilt. Zahlen werden bilanziert in Franken angegeben, für die ökologischen und gesellschaftlichen Verhältnisse werden Einschätzungen auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 7 (sehr schlecht) gegeben. Zu Beginn des Spieles erscheinen den Schülern fast alle Werte verbesserungsbedürftig. So hat beispielsweise die Regierung ein Defizit in Höhe von 563.000 Fr. erwirtschaftet, und die Ausmaße der Umweltprobleme am Jahresende sind sehr deutlich: Wasserbelastung 4.3, Luftbelastung 5.6, Abfall (v.a. Deponien) 4.5 und Lärmbelastung 5.025. Dringend verbessert werden muss auch das Verkehrssystem, bestehend aus Straßen- und Schienenverkehr. Der Straßenverkehr wird mit schlecht (6.5) beurteilt, der Schienenverkehr mit eher schlecht (4.8).

Nach Schilderung dieser Verhältnisse durch den Spielleiter kann das eigentliche Spiel beginnen, die Schüler wurden ja bereits vorab in die Spielgruppen eingeteilt. Die Gruppen erhalten jeweils ein statistisches Jahrbuch des Berichtsjahres 10 und den jeweiligen Aktionsgruppenbericht. Ein Handbuch OEKOWI-Systemtraining haben die Gruppen bereits vorab erhalten. In einer ersten Spielphase haben die Schüler dann Zeit, den Bericht und das Jahrbuch zu analysieren und ihre Ziele zu formulieren. Es folgt dann eine Sitzung der Kommission Zukunft, in der jede Gruppe (respektive deren Abgeordneter) ihre Ziele und Handlungsabsichten darlegt. Nach dem Austausch in der Kommissionssitzung erfolgt eine weitere Arbeitsphase in der Kleingruppe. In dieser wird die gesamte Gruppe über die Sitzung der Kommission Zukunft informiert und die Parlamentssitzung werden vorbereitet. Eventuell zu stellende Anträge müssen formuliert und bei der Spielleitung abgegeben werden. In der Parlamentssitzung26 werden dann Berichte und Anträge aller Gruppen diskutiert und abgestimmt.

Nach der Parlamentssitzung werden in den Kleingruppen die Ergebnisse diskutiert und an die Entscheidungen der Gruppe angepasst. Jede Gruppe hat einen Entscheidbogen, der eine unterschiedliche Anzahl von Positionen enthält. Die Regierung muss 54 Entscheidungen treffen, die Unternehmen 38 und die Haushalte 28. Die Spielrunde endet mit der Abgabe aller Entscheidbögen bei der Spielleitung, die die eingesetzten Werte in das Computerprogramm eingibt. Der Computer berechnet dann ein neues statistisches Jahrbuch und neue Aktionsgruppenberichte, die die Grundlage für die nächste Spielrunde bilden. Nach vier solcher Spielrunden ist das Spiel beendet.

 

Didaktische Analyse von OEKOWI

Das Planspiel OEKOWI wurde, wie bereits erwähnt, u.a. von der schweizerischen Ernst Schmidheiny Stiftung entwickelt worden. Der Zweck dieser Stiftung wird mit der „Förderung des Interesses und Verständnisses in der schweizerischen Öffentlichkeit, insbesondere bei der Jugend, für die wirtschaftlichen Zusammenhänge im Rahmen der freiheitlichen sozialen Marktwirtschaft“27 bezeichnet. Die Zielrichtung des Planspiels ist den Stiftungszwecken entsprechend: Es wurde für schweizerische Mittelschüler28 konzipiert, die vorzugsweise an wirtschaftlich ausgerichteten Schulen lernen.

Eine Übertragung auf deutsche Schulen ist ohne größere Probleme möglich, da die Rahmenbedingungen in Deutschland sehr ähnlich sind. Auch hier ist das System der sozialen Marktwirtschaft vorherrschend, und der Unterschied zwischen einem schweizerischen Mittelschüler und einem deutschen Gymnasiasten der Jahrgangsstufe 12 kann vernachlässigt werden. Der Einsatz des Planspiels in Hessen wird von der Landesarbeitsgemeinschaft Schule-Wirtschaft (Frankfurt) und der Landeszentrale für politische Bildung gefördert. Über diese Institutionen findet auch die Lehrerfortbildung zum OEKOWI-Systemtrainer statt. Die Empfehlung von dieser Institutionen ist es, OEKOWI in den Unterricht der Jahrgangsstufe 12 I einzubinden.

Dem Planspiel liegt die Gedankenwelt der sozialen und vor allem auch der ökologischen Marktwirtschaft zugrunde. Die Schüler sollen durch das Planspiel befähigt werden, anhand eines ganzheitlichen Modells die Grundzusammenhänge zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Ökologie aufzudecken29. Durch die vielfältigen zu treffenden Entscheidungen werden die Schüler mit zunehmender Spieldauer immer mehr in die Lage versetzt, die Wechselwirkungen von ökologischen und ökonomischen Entscheidungen zu analysieren und deren Bedeutung zu erkennen.

„Management-Games“ wie das OEKOWI-Systemtraining sind Planspiele mit meist betriebswirtschaftlichem Schwerpunkt. Die Spieler übernehmen Führungspositionen in den simulierten Planspielgruppen30. Der Hauptaspekt liegt auf dem Erkennen von Systemzusammenhängen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft, Staat und Ökologie. Durch die zu treffenden Entscheidungen erkennen die Schüler, dass alle ihre Maßnahmen, die sie als Unternehmer, private Haushalte oder als Regierung treffen, massive Effekte auf das Gesamtsystem haben, die zudem direkt auf die Spielgruppen zurückwirken.

Die Entwicklung von OEKOWI wurde unter drei lernspezifischen Postulaten vorgenommen. Es galt dabei, das vorherrschend produktorientierte Lernen durch Prozessorientierung zu ergänzen, das fachspezifische Lernen durch interdisziplinäres Lernen zu erweitern und vor allem neben dem linearen das vernetzte Denken zu fördern31.

 

Methodische Analyse von OEKOWI

OEKOWI verfolgt im wesentlichen die methodischen Ziele, die bereits unter Punkt 1.4 genannt wurden, denn neben den kognitiven Aspekten ist der instrumentelle Lerneffekt eines der Hauptanliegen dieses Planspiels. Die Kursteilnehmer erwerben die Fähigkeit, die Zusammenarbeit in den Gruppen, vor allem aber diejenige zwischen den einzelnen Spielgruppen zu optimieren, denn das „Spielziel“ ist nur durch gezielte Kooperation erreichbar. Die Interaktion in und zwischen den einzelnen Gruppen ist zwingend notwendig, da jede Gruppe Entscheidungen treffen und diese auch tragen muss, was in den Sitzungen der Kommission Zukunft und des Ökoland-Parlamentes deutlich wird.

Die Spielgruppen bekommen zu Beginn des Spiels als Unterlagen ein Heft „Systemtraining“, einen Entscheidbogen, die Handlungsvarianten für ihre Spielgruppe sowie ein statistisches Jahrbuch des Berichtsjahres 10 ausgehändigt. Durch einen kurzen motivierenden Problemaufriss durch den Kursleiter sollte idealerweise gezeigt werden, dass die Umweltverschmutzung in Ökoland in den vergangenen Jahren zu großen Schäden geführt hat, die beseitigt werden müssen. Eine direkte Handlungsanweisung erfolgt nicht.

Aufgrund der Fülle der Materialien werden die Schüler in der ersten Spielrunde in eine gewollte Konfliktsituation hineingeführt, da sie nicht in der Lage sind, die Komplexität des Spieles zu erfassen. Zudem stehen die Schüler von Beginn an unter einem Zeitdruck, der aber beabsichtigt ist, da von diesem ein besonders hoher Lerneffekt erwartet wird32.

 

 

Durchführung des Planspiels

Vorbereitung/Vorlauf im Unterricht

Nach einer kurzen Vorstellung des Planspiels (ohne Detailangaben) sprach sich der Kurs eindeutig für die Durchführung von OEKOWI aus, wobei die Motivation zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich weniger in dem Inhalt des Spiels lag, sondern vielmehr in der Tatsache, dass avisiert wurde, etwas Neues, nicht dem Schulalltag entsprechendes durchzuführen. Motivierend wirkte sich zudem aus, dass nicht die Schule, sondern vielmehr ein Tagungsgebäude Spielort sein würde. Dafür waren die Schüler bereit, sich dem erhöhten Zeitaufwand zu unterwerfen.

Nach dem Abklären aller organisatorischen Dinge wie z.B. Spielort und Zusammensetzung der Spielgruppen wurden das Systemhandbuch an die Schüler ausgegeben und es erfolgte eine kurze Einführung in das Thema Bilanzen. Dieser Schritt war notwendig, weil die statistischen Jahrbücher und auch die Aktionsgruppenberichte Bilanzen aufweisen, die von den Schülern verstanden werden müssen. Die Entscheidung für die Ausgabe der Handbücher vor Beginn des Spiels ist durch den engen Zeitrahmen begründet. Die Spielkonzeption schlägt vor, mit einer Gruppe über den Zeitraum von einer Woche zu spielen, wobei allerdings lediglich die Vormittage genutzt werden. Innerhalb dieser Woche kann dann der Rahmen auch durch Exkursionen oder Expertenvorträge und –befragungen erweitert werden. Da es aber nicht möglich war, die ganze Jahrgangsstufe für eine ganze Woche aus dem Stundenplan herauszunehmen, sollte an zwei Tagen (Montag und Dienstag) komprimiert gespielt werden.

Die letzte Unterrichtsstunde vor Spielbeginn war für einen Abriss der Situation in Ökoland vorgesehen. Mittels eines Lehrervortrages wurde das Land Ökoland vorgestellt und detailliert beschrieben. Nach einem Hinweis auf die wichtigsten Gesetze und Staatsziele der Verfassung erfolgte eine Darstellung der wirtschaftlichen und ökologischen Verhältnisse im Land. Die Schüler sollten sich dann in ihren Spielgruppen mit den Systemhandbüchern vertraut machen, damit am Montag direkt in OEKOWI eingestiegen werden konnte.

Bis zu diesem Zeitpunkt war die meiste Vorbereitung für den Kursleiter bereits abgeschlossen. Die Räumlichkeiten waren reserviert, die Spielunterlagen und einige Vordrucke für jede Spielgruppe in einer Mappe zusammengestellt, die Computerausrüstung vorbereitet.

 

Der erste Tag

Am Montag morgen trafen sich alle Schüler und die Kursleitung um 8.00 Uhr. Die Spielgruppen bekamen die vorbereiteten Unterlagen (Statistisches Jahrbuch Berichtsjahr 10, Aktionsgruppenbericht, Entscheidbogen und Vordrucke für spätere Antragstellung) ausgehändigt. Der Tagesablauf wurde bekanntgegeben. Nachdem die Spielgruppen auf die verschiedenen Räume aufgeteilt wurden (Raum 1: Haushalt 1 und Unternehmen 1, Raum 2: Kommission Zukunft und Spielleitung, Raum 3: Haushalt 2 und Unternehmen 2) begannen die Schüler mit der Analyse der Materialien, die die wirtschaftliche und ökologische Situation ihrer Spielgruppe widerspiegeln. Ab diesem Zeitpunkt wurde auf eine Steuerung durch die Spielleitung verzichtet. Es erfolgte lediglich die Beantwortung von Fragen der Schüler.

Die Arbeitsgruppen haben sich neben der Analyse der Gruppensituation auf das erste Treffen der Kommission Zukunft vorbereitet, welches um 8.45 Uhr stattfand. Dort stellten die Gruppen in einem ersten Gespräch dar, was ihre ersten Aktionen und Maßnahmen sein würden. Der Vertreter der Regierung erläuterte, dass vorgesehen sei, in das Verkehrsnetz zu investieren und dass zur Deckung der erhöhten Ausgaben der Regierung Umweltabgaben (Lenkungsabgaben) eingeführt werden sollten33.

Das Unternehmen 1 (Öko-AG) wollte Investitionen tätigen um den Umweltstandard ihrer Produkte zu verbessern und außerdem den Transport der Produkte in einem größeren Umfang auf die Bahn verlagern. Bislang wurde zu 25% die Bahn genutzt, jetzt sollte diese Quote auf 40% gesteigert werden.

Unternehmen 2 (actio futura) war bereit, eine massive Erhöhung des Benzinpreises zu initiieren und wollte die Stadt Ökocity durch den Bau einer Lärmschutzwand von der Autobahn abtrennen. An den auflaufenden Kosten wollten sich die Unternehmen beteiligen.

Haushalt 1 (Familie Grün) plante, einige Investitionen in umweltgerechtere Produkte wie z.B. Kraftfahrzeug oder Heizung. Bislang wurde mit einer herkömmlich Ölheizung geheizt und das Fahrzeug Speed Tradition 7.0 genutzt. Die Familie Grün plante die Umstellung auf Fernwärme und den Kauf eines Elektroautos. Mit diesen Maßnahmen sollte der Umweltstandard des Haushaltes verbessert werden.

Haushalt 2 (Familie Blau) erwog als erstes einen Umzug aus dem Dorf Seepass in die Hauptstadt Ökocity, um weitgehend auf ein Kraftfahrzeug verzichten zu können. Falls dieser Plan nicht umgesetzt werden könnte, wurde ebenfalls der Wechsel auf ein Elektroauto avisiert.

Dieses erste Treffen der Kommission Zukunft war von großer Einigkeit geprägt, alle Teilnehmer planten Investitionen zu tätigen, die der Verbesserung der Umweltstandards zugute kommen sollten. Die Finanzierung war aber nicht bei allen Teilnehmern gesichert, so dass abzusehen war, dass es hier zu einigen Problemen kommen konnte. Nach diesem Treffen, dessen Ergebnisse auf Flip-Chart gesichert wurden und allen zugänglich im Hauptraum (Raum 2) ausgehängt wurden, analysierten die Spielgruppen dieses Treffen und bereiteten die erste Parlamentssitzung vor, die nach der ersten Pause von 09.45 bis 10.15 Uhr stattfinden sollte.

Für die erste Sitzung des Ökoland-Parlamentes stellten alle Aktionsgruppen unterschiedliche Anträge, die mindestens 5 Minuten vor Beginn der Sitzung beim Parlamentspräsidenten (Spielleiter) vorliegen mussten.

 

Die Regierungsgruppe stellte insgesamt 4 Anträge:

1. Erhöhung der Kfz-Steuer (von 500 auf 700 Fr.)

2. Erhöhung der Steuern auf fossile Brennstoffe (+20%)

3. Autobahngebühren für Lkws

4. Anschluss der Unternehmen an das Schienennetz

 

Begründet wurden die Maßnahmen mit einer angestrebten Verminderung der Umweltbelastungen und mit der Verminderung des Verkehrsaufkommens auf den Straßen, was zu einer geringeren Lärmbelastung führen sollte. Bei der folgenden Aussprache konnten alle Spielgruppen Stellung nehmen und die Anträge diskutieren, bevor sie zur Abstimmung kamen. Für die Abstimmung ist die Zusammensetzung des Parlamentes von großer Bedeutung, denn alle Teilnehmer haben Stimmrecht34. Der erste Antrag, die Erhöhung der Kfz-Steuern, wurde mit 7 Gegenstimmen abgelehnt (bei 3 Enthaltungen und 5 Ja-Stimmen35), der zweite zur Steuererhöhung für fossile Brennstoffe wurde mit 6 Stimmen (bei 4 Enthaltungen und 5 Gegenstimmen) angenommen, die Autobahngebühr für Lkws wurde mit 15 Stimmen einstimmig angenommen. Über den vierten Antrag kam es zu einer längeren Aussprache, weil die Regierung die finanzielle Beteiligung der Unternehmen am Ausbau des Schienennetzes in Höhe von 7,5% der Gesamtkosten beantragt hatte. Letztendlich konnte ein Kompromiss gefunden werden, der vorsah, dass sich die Unternehmen mit 7% an den Baukosten beteiligen. Hierfür wurde eine Mehrheit von 10 Stimmen bei 3 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen gefunden.

Familie Grün stellte einen Antrag auf Gewährung eines Ökobonus durch die Regierung. Dieser Bonus sollte für die Verbesserung von Umweltstandards gezahlt werden. Für jede Steigerung um 0,1 Indexpunkte36 wurde ein Bonus in Höhe von 1000 Fr. beantragt. Die Familie erhoffte sich von diesem Bonussystem einen hohen Anreiz für die privaten Haushalte, aktiv an der Senkung der Umweltbelastung mitzuwirken. Nach einer Aussprache und einer Überschlagsrechnung wurde über einen Kompromiss abgestimmt, der vorsah, dass 100 Fr. pro Verbesserung um 0,1 Indexpunkte gezahlt werden sollte37. Dieser Vorschlag wurde mit 10 Stimmen bei keiner Gegenstimme aber 5 Enthaltungen angenommen. Familie Blau hatte einen allgemein gehaltenen Antrag formuliert, der ebenfalls staatliche Unterstützung für die privaten Haushalte bei den Bemühungen um eine Verbesserung der Umweltstandards vorsah, der aber nach dem Ergebnis des Antrages von Familie Grün nicht aufrechterhalten wurde.

Unternehmen Öko-AG beantragte Zuschüsse bei den Investitionen der Unternehmen in den Umweltschutz. Des weiteren sollten die Lenkungsabgaben als Ökobonus wieder ausgezahlt werden. Nach kurzer Aussprache wurde die Ökobonus-Zahlung, wie sie an die Haushalte erfolgen sollte, auf die Unternehmen ausgedehnt. Auch hier wurde erhofft, dass hieraus ein Anreiz für Umweltinvestitionen entstehen könnte. Das Unternehmen actio futura hatte einen Antrag zum Anschluss der Unternehmen an das Schienennetz gestellt, der ja bereits als Regierungsinitiative behandelt worden war.

Somit konnte die erste Sitzung des Ökoland-Parlamentes beendet werden. Die Spielgruppen hatten dann noch Zeit, die Entscheidungen des Parlamentes in ihre Entscheidbögen für das Berichtsjahr 11 einzuarbeiten. Um 11.15 Uhr sollten diese Bögen abgegeben werden38. In der Zeit, in der die Daten in den Computer eingegeben wurden, bereiteten die Schüler die nächste Spielrunde vor, die wiederum mit einem Treffen der Kommission Zukunft beginnen sollte. In der Mittagspause wurden dann die statistischen Jahrbücher sowie die Erläuterungen zu den einzelnen Aktionsgruppen ausgedruckt, damit direkt nach der Mittagspause die Analyse der ersten Maßnahmen erfolgen konnte.

Die Auswertung der Entscheidungen für das Berichtsjahr 11 führte zu einigen für die Schüler überraschenden Ergebnissen, die aus den Aktionsberichten und dem statistischen Jahrbuch abgelesen werden konnten. So wies die Bilanz der Regierung ein Einnahmenüberschuss in Höhe von ca. 2,7 Milliarden Fr. auf, während die Unternehmen einen Verlust zu verbuchen hatten. Die Öko-AG schloß das Haushaltsjahr mit einem Defizit von fast 17 Millionen Fr., actio futura mit knapp 8,5 Millionen Fr. Die Hauhalte konnten einen Gewinn erwirtschaften, der sich bei Familie Grün auf 4.127 Fr. und bei Familie Blau auf 4.541 Fr. belief. Diese Entwicklung war verwunderlich, denn den inländischen Unternehmen war es gelungen, ihren Marktanteil von jeweils 21,8% auf 25,5% (Öko-AG) respektive 24,0% (actio futura) zu steigern. Auch die Standards der Produkte hatten die Unternehmen verbessert. So konnte die Öko-AG den Qualitätsstandard der Produkte von 5.0 auf 4.6, der Energiestandard von 5.3 auf 4.7 und den Umweltstandard von 5.1 auf 4.9 verbessern. Actio futura erreichte beim Qualitätsstandard 4.7, beim Energiestandard 5.2 und beim Umweltstandard 2.3. Beide Unternehmen hatten ökologisch sinnvoll gehandelt, so dass alle Werte verbessert werden konnten, hatten expandiert und ihren Marktanteil steigern können und hatten sich trotzdem stark verschuldet. Die Ursache wurde schnell im Einnahmenüberschuss des Staates erkannt. Eine Analyse der Kostenstruktur der Produkte ließ erkennen, dass bei der Öko-AG die stärksten Änderungen gegenüber dem Vorjahr im Posten Steuern und Abgaben zu verzeichnen waren. Diese Position stieg um 456,1%. Diese und andere Steigerungen (Kosten für Transporte, Energie, Reduktion der Umweltbelastungen) führten dazu, dass die Produktionskosten eines einzelnen Produktes bei 155,54 Fr. lagen. Dieser Summe standen aber lediglich 93,27 Fr. als Verkaufspreis gegenüber. Die Produkte wurden also weit unter den Herstellungskosten verkauft, was die Unternehmer aber erst nach Abschluss der Spielrunde erkennen konnten.

Bei actio futura verteilten sich Mehrkosten auf unterschiedliche Positionen. Hier stiegen die Ausgaben vor allem in den Bereichen Rohstoffe und Material, Energie, Reduktion der Umweltbelastungen sowie Steuern und Abgaben. Allerdings erreichten die Steigerungen nicht die Ausmaße wie bei der Öko-AG. Die Produktionskosten beliefen sich auf 126,32 Fr., der Verkaufspreis betrug aber auch hier 93,27 Fr. Die Gründe für diese Entwicklung standen in einem kausalen Zusammenhang mit dem staatlichen Einnahmenüberschuss.

Neben einer Erhöhung der Steuern gibt es die Möglichkeit der Einführung von Lenkungsabgaben um die staatlichen Einnahmen zu erhöhen. Über den Spielmodus bezüglich der Lenkungsabgaben gibt es unterschiedliche Ansichten. Möglich wäre, dass die Lenkungsabgaben - wie auch die Steuern - nur durch Parlamentsbeschluss erhoben werden dürfen. Dann hätte aber die Spielgruppe Regierung/Staat keine Möglichkeit mehr, von sich aus aktiv zu Einnahmen zu kommen; sie wäre mit ihren Möglichkeiten allein vom Abstimmungsverhalten des Parlamentes abhängig39. Bei einer Stimmenverteilung, in der die Regierungsgruppe in der Minderheit ist, würde der Verweis auf die Notwendigkeit einer Gesetzesinitiative zur Einführung von Lenkungsabgaben das Spielgeschehen für die Regierungsgruppe sehr erschweren. Der Spielgruppe wurde daher empfohlen, Lenkungsabgaben festzusetzen, ohne das Parlament vorher davon in Kenntnis zu setzen40.

Diese Entscheidung führte dazu, dass die Regierungsgruppe diverse Lenkungsabgaben eingesetzt hat. Es kam zu Abgaben auf den Energieverbrauch sowie auf die Überschreitung von Grenzwerten beim Energie- und Umweltstandard. Im einzelnen wurden 14.4 Rp./kWh41 auf Benzin und Diesel, 5.2 Rp./kWh auf Heizöl, 6.0 Rp./kWh auf Erdgas, 15.0 Rp./kWh auf Elektrizität und 4.8 Rp./kWh auf Fernwärme erhoben. Von großer Bedeutung waren daneben aber auch die Lenkungsabgaben für die Überschreitung der Grenzwerte beim Energie- und Umweltstandard. Es wurde eine Abgabe von 50 Fr./Stk. bei einem Grenzwert von 3.0 (Energiestandard) und eine Abgabe von 50 Fr./Stk. bei einem Grenzwert von 4.0 (Umweltstandard) festgelegt. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen dann die Abgabe in Höhe von 50 Fr. pro produziertem Stück leisten muss, wenn der Energie- und Umweltstandard den von der Regierung festgelegten Indexgrenzwert überschreitet.

Unternehmen Öko-AG hatte einen Energiestandard von 4.7 und einen Umweltstandard von 4.9 erreicht und musste somit für beide Überschreitungen des Indexgrenzwertes Lenkungsabgaben entrichten. Unternehmen actio futura erreichte einen Energiestandard von 5.2 und einen Umweltstandard von 2.3 und musste somit nur für die Überschreitung des Indexgrenzwertes beim Energiestandard Lenkungsabgaben entrichten.

Diese erste Spielrunde hatte, wie das Planspiel auch beabsichtigt, eine Dilemmasituation herbeigeführt. Alle Spieler hatte nach bestem Wissen und Gewissen ihre Entscheidungen getroffen, aber statt der gewünschten Situation (Verbesserung von Umwelt und Infrastruktur sowie „gesunde“ Finanzen) kam es zum Konflikt. Die Unternehmen konnten ohne staatliche Subventionen nicht überleben, die Infrastruktur hatte sich weiter verschlechtert und das Ausmaß der Umweltprobleme am Jahresende hatte sich nicht sehr entscheidend entspannt. Die Wasserbelastung verbesserte sich von 4.3 auf 4.0, die Luftbelastung von 5.6 auf 5.1, der Abfall von 4.5 auf 4.3 und die Lärmbelastung von 5.0 auf 4.7. Hier haben sich die Entscheidungen der Unternehmen ausgewirkt, die beide sowohl das Produktionsverfahren als auch die Rohstoffe geändert haben. Die Firma actio futura hatte dabei auf den Rohstoff gesetzt, der sich bei der Entsorgung am wenigsten umweltbelastend verhielt und zudem noch regenerierbar war. Diese Entscheidung führte auch zu der starken Verbesserung des Umweltstandards ihrer Produkte.

Das zweite Treffen der Kommission Zukunft war davon geprägt, die Spielgruppe Staat/Regierung dazu zu veranlassen, die Unternehmen unter anderem mit Subventionen zu unterstützen. Die geforderten Gelder sollten in neue und bessere Maschinen investiert werden. Das von der Regierung vorgestellte Programm sah vor, größere Summen für die Verbesserung der Infrastruktur (Straßen- und Bahnnetz) einzusetzen. Die Notwendigkeit, die Unternehmen zu stützen wurde eingesehen, so dass nicht nur subventioniert, sondern auch die Marktstellung gegenüber den ausländischen Unternehmen verbessert werden sollte. Angestrebt wurde die Wiedereinführung von Einfuhrabgaben. Auch die hohen Belastungen durch die enormen Lenkungsabgaben auf fossile Brennstoffe sollten reduziert werden. Die Auszahlung eines Ökobonus sollte ermöglicht werden.

Diese programmatische Erklärung der Regierung fand bei den Unternehmen großen Anklang, die gemerkt hatten, dass sie durch die hohen Belastungen durch Steuern und Abgaben in ihre jetzige Situation geraten waren. Ihr Bestreben, aktiv an der Verbesserung der Umwelt mitzuarbeiten, sollte auch in der nächsten Spielrunde fortgesetzt werden. Zu diesem Zweck sollte die Forschung verstärkt und der Transport der Produkte auf der Schiene weiter ausgebaut werden.

Die Haushalte, die die erste Spielrunde gut überstanden hatten, wollten den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Sie wollten auch weiter über Alternativen bei der Heizung und den privaten Motorfahrzeugen nachdenken. Gemeinsam mit den Unternehmen sprachen sie sich gegen die hohen Lenkungsabgaben der Regierung aus. Immerhin waren die Preise für Benzin/Diesel von 120.0 auf 264.0 Rp./Liter, für Heizöl von 4.6 auf 9.8 Rp./kWh, für Erdgas von 5.0 auf 11.0 Rp./kWh, für Elektrizität von 15.0 auf 30.0 Rp./kWh und für Fernwärme von 4.8 auf 9.6 Rp./kWh angestiegen.

Nach einer Kaffeepause am frühen Nachmittag sollte um 14.45 Uhr die zweite Sitzung des Ökoland-Parlamentes stattfinden. Alle Gruppen hatten Anträge formuliert, die in der Sitzung behandelt werden sollten. Nach den Berichten der Kommission Zukunft, der Regierung, den Unternehmen und den Haushalten zu ihrer Situation kamen zuerst die Anträge der Regierung zu Aussprache. Insgesamt wurden 6 Anträge formuliert:

Subventionierung der Unternehmen zur Tilgung der Schulden

Auszahlung des Ökobonus für das Jahr 11

Erhöhung des Ökobonus auf 200 Fr./0,1 Indexpunkte für das Jahr 12

Senkung der Lenkungsabgaben auf ein vertretbares Niveau

Erhebung von Einfuhrabgaben auf ausländische Produkte

Senkung der Autobahngebühren

Nach intensiver Aussprache und Diskussion über die einzelnen Punkte, bei der die Gruppen ihre Meinungen vertraten, wurde meistens ein Kompromiss gefunden. Bei dem ersten Antrag einigte sich das Parlament darauf, dass die Neuverschuldung der Unternehmen im Jahr 11 zu 60% von der Regierung getragen werden sollten. Dieser Konsens wurde mit 14 zu 2 Stimmen angenommen. Die Auszahlung der Ökobonus wurde gemeinsam abgestimmt und einstimmig angenommen. Über diesen Punkt wurde nur wenig diskutiert, da sich alle Beteiligten bereits im Vorfeld geeinigt hatten. Über die Erhebung von Einfuhrabgaben wurde intensiv diskutiert, weil die Einschätzung über das Verhalten des Auslandes und der ausländischen Unternehmen weit auseinander ging. Es wurden Befürchtungen geäußert, dass das Ausland zu ähnlichen Maßnahmen greifen würde und dass dadurch die Situation der inländischen Unternehmen in ihrer Exporttätigkeit leiden könnte. Befürchtungen hegten auch die Haushalte, die eine generelle Verteuerung der Produkte erwarteten. Letztlich wurde der Antrag dann doch mit 9 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Ähnlich ambivalent wurde die Senkung der Autobahngebühren diskutiert, die von vielen Spielern als ein ökologischer Rückschritt empfunden wurde. Aber angesichts der angespannten finanziellen Situation wurde dieser Antrag mit 8 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Einigkeit herrschte bei allen Beteiligten bei der Senkung der Lenkungsabgaben, die von allen als unangemessen hoch eingestuft wurden. Per Beschluss wurden folgende Werte festgeschrieben: Benzin 10 Rp./kWh, Heizöl 5.2 Rp./kWh, Erdgas 2 Rp./kWh, Fernwärme 3.5 Rp./kWh und Elektrizität 5 Rp./kWh. Wichtiger war aber die Senkung der Lenkungsabgaben bei der Überschreitung der Indexgrenzwerte beim Energie- und Umweltstandard. Der Grenzwert wurde beibehalten, aber die Abgabe von 50 Fr./Stk. auf 10 Fr./Stk. gesenkt. Dieses Senkungspaket wurde mit 14 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen.

Bei den nun folgenden Anträgen der privaten Haushalte und der Unternehmen wurde deutlich, dass diese Spielgruppen die Regierung veranlassen wollten, die enormen Einnahmen aus der ersten Spielrunde wieder an die Spielgruppen zurückfließen zu lassen. Die Familie Blau stellte den Antrag, dass die Regierung einen Zuschuss bei der Anschaffung eines Elektromobils zahlen sollte. Gefordert wurde die Höhe von 50% der Anschaffungskosten vor. Nach ausgiebiger Aussprache konnte eine Einigung bei 20% Zuzahlung erreicht werden. Dieser Antrag wurde mit 13 zu 3 Stimmen ohne Enthaltungen angenommen. Familie Blau sorgte sich eher um die kulturelle und bildungspolitische Situation in Ökoland und beantragte verstärkte staatliche Ausgaben in diesen Bereichen. Vorgesehen war eine Steigerung von 5% im Bereich Unterricht und Forschung sowie 10% im Bereich Kultur und Erholung. Dieser Antrag wurde ebenfalls mit 13 zu 3 Stimmen angenommen.

Die Unternehmen Öko-AG und actio futura hatten sehr unterschiedliche Anträge gestellt. Die Öko-AG wollte eine Senkung der Steuern und Abgaben erreichen, ihre umweltgerechtere Produktion durch Subventionen stärken und die Erhebung der Lenkungsabgaben anders gewichten. Sie wollten erreichen, dass Heizöl teurer und Erdgas billiger wird. Ein konkreter Antrag wurde mit dem Ziel gestellt, die Verbrauchssteuern von 10% auf 5% zu senken. Nach einer Aussprache wurde ein Kompromiss von 7,5% zur Abstimmung gebracht, der mit 10 Stimmen bei 3 Gegenstimmen und 3 Enthaltungen angenommen wurde. Actio futura beantragte Subventionen bei der Anschaffung neuer Maschinen in Höhe von 10% der entstehenden Kosten, Subventionen im Bereich Forschung und Entwicklung in gleicher Höhe und Subventionen im Bereich Produktentwicklung in Höhe von 5% der entstehenden Kosten. Die Zuschüsse für neue Maschinen wurden abgelehnt, die beiden anderen Posten jedoch angenommen. Die Öko-AG hatte eine Beschwerde gegen die Spielweise der Regierungsgruppe formuliert, die allerdings nicht mehr diskutiert wurde, weil die Regierung sich in dieser Parlamentssitzung sehr kompromissbereit gezeigt hatte. Die Firma hatte einen Text formuliert, in dem die Mehrkosten, vor allem die Abgaben und Steuern des Unternehmens detailliert aufgeführt wurden. Diese Beschwerde verdeutlichte die Stimmung in der gesamten Gruppe, die davon gekennzeichnet war, dass jede Gruppe ihre eigenen Interessen in den Vordergrund rückte.

Bereits vor der zweiten Parlamentssitzung wurde von der Spielleitung eine erste Zeitungsmeldung verfasst. Die „Ökowi-News“ hatte einige Zustände im Staat im Stil einer Boulevardzeitung kolportiert. Ab der zweiten Spielrunde wurde diese Möglichkeit von den Schülern genutzt, um ihre Stimmung zu artikulieren. In der ersten Ausgabe wurden die Bereiche Staatseinnahmen sowie Kultur und Erholung thematisiert, ab der zweiten Ausgabe, die dann von den Schülern gestaltet wurden, stand die Auseinandersetzung zwischen den Spielgruppen im Zentrum.

Am Ende des ersten Spieltages hatte sich die Stimmung insgesamt wieder entspannt, was auf die sehr konstruktive Parlamentssitzung und die Interaktion zwischen den Gruppen zurückgeführt werden kann, wenngleich die Regierung Befürchtungen hegte, sich für die nächsten Spielrunde finanziell übernommen zu haben, so dass eine Verschuldung bevorstand.

 

 

 

Der zweite Tag

Die Auswertung der Entscheidbögen war erfolgt, nachdem die Schüler am Montag die Tagungsstätte verlassen hatten. Die Ausdrucke der statistischen Jahrbücher und der Aktionsgruppenberichte wurden noch am Abend angefertigt, so dass direkt am Dienstagmorgen mit der Ausgabe der Materialien begonnen werden konnte42.

Bereits der erste Blick auf das statistische Jahrbuch des Berichtsjahres 12 bestätigte die Befürchtungen der Regierung. Aus dem Einnahmenüberschuss des vorherigen Jahres war ein Ausgabenüberschuss in Höhe von 1.260.911.000 Fr. geworden. Die allgemeine Zufriedenheit hatte sich leicht gebessert und auch die Entwicklung der Unternehmen war positiv. Die Öko-AG konnte einen Einnahmenüberschuss in Höhe von 3.287.000 Fr. erwirtschaften, actio futura schloss das Geschäftsjahr mit einem leichten Minus in Höhe von 969.000 Fr. Die Standards der Produkte konnten weiter verbessert werden. Bei der Öko-AG verschlechterte sich zwar der Qualitätsstandard der Produkte von 4.6 auf 4.7, aber die anderen Standards konnten verbessert werden (Energiestandard von 4.7 auf 3.5 und Umweltstandard von 4.9 auf 2.4). Actio futura konnte alle drei Standards verbessern: Qualitätsstandard von 4.7 auf 4.3, Energiestandard von 5.2 auf 4.8 und Umweltstandard von 2.3 auf 2.2.

Die Haushalte erzielten beide einen Ausgabenüberschuss. Er belief sich bei Familie Grün auf 9.242 Fr. und bei Familie Blau auf 8.181 Fr. Beide Familien hatten stark investiert, um ihre Umweltstandards zu verbessern, was auch gelungen war. Der Mittelwert43 stieg bei Familie Grün von 4.5 im Berichtsjahr 11 auf 3.2 und bei Familie Blau von 4.5 auf 3.3.

Lediglich die Infrastruktur lag zu diesem Zeitpunkt immer noch brach. Die Verkehrsverhältnisse auf der Straße verschlechterten sich weiter von 6.6 auf 6.8 und auf der Schiene von 5.3 auf 5.7. Hier wurde deutlich, dass die finanziellen Anstrengungen der Regierung bei weitem nicht ausreichten. Aber das Ausmaß der Umweltprobleme am Jahresende konnte weiter reduziert werden. Die Wasserbelastung erreichte 3.4 (von 4.0), die Luftbelastung 4.4 (von 5.1), der Abfall 3.7 (von 4.3) und die Lärmbelastung 4.6 (von 4.7).

Das dritte Treffen der Kommission Zukunft war nach den insgesamt eher positiven Ergebnissen der zweiten Spielrunde von Versuchen geprägt, die noch herrschenden Probleme in Ökoland gemeinsam zu bewältigen. Die Unternehmen sahen die größten Probleme in der Infrastruktur und bei den Standards ihrer Produkte, die weiter verbessert werden sollten. Auch die Haushalte nahmen gemeinsam Stellung. Sie wollten beide ihr Kaufverhalten überdenken und damit sowohl auf die Umwelt achten als auch darauf, die inländischen Unternehmen gegenüber den ausländischen zu bevorzugen. Die Regierung sah ähnlich wie die Unternehmen die größte Aufgabe in der Verbesserung der Infrastruktur, aber auch in den Bereichen Forschung und Kultur sowie in Subventionen für die Umwelt wurde ein Handlungsbedarf erkannt.

In der dritten Parlamentssitzung wurden diese Willenserklärungen dann auch umgesetzt. Es kam zu folgenden Ergebnissen: Die staatlichen Subventionen für die Forschung der Unternehmen wurde mit 5% beibehalten; bei den Umweltstandards wurde aus dem Ökobonussystem ein Bonus-Malussystem, das die Unternehmen noch stärker in die Pflicht nehmen sollte, an der Verbesserung der Standards zu arbeiten; die Einfuhrabgaben wurden weiter angehoben; die Unternehmen wollten sich finanziell an der Verbesserung des Schienennetzes beteiligen; die Ertragssteuern der Unternehmen wurden gesenkt; die Lenkungsabgaben wurden auf dem Niveau des Vorjahres bestätigt und außerdem wurde ein Antrag der Haushalte auf Gewährung von Kindergeld angenommen.

Bei der Präsentation der Ergebnisse des Berichtsjahres 13 war die Stimmung bei den Schülern gut, denn es wurden positive Ergebnisse erwartet. Diese Hoffnung ging zwar nur zum Teil in Erfüllung, aber insgesamt wurde deutlich, dass die Schüler nach anfänglichen Auseinandersetzungen und Konflikten jetzt gemeinsam an der Zukunft „ihres“ Staates arbeiteten. In diesem Jahr konnten alle Spielgruppen einen Einnahmenüberschuß erzielen. Er belief sich bei der Regierung auf 56.036.000 Fr., bei der Öko-AG auf 707.000 Fr., bei actio futura auf 3.208.000 Fr., bei Familie Grün auf 16.855 Fr. und bei Familie Blau auf 19.619 Fr. Die allgemeine Zufriedenheit stieg weiter von 4.1 auf 3.844. Die Umweltprobleme am Jahresende wurden weiter gesenkt und die Unternehmen konnten ihre Standards in dem bisherigen Rahmen halten, bis auf actio futura, die durch ihre Entscheidung für einen neuen Rohstoff einen Einbruch beim Umweltstandard erlitten. Die Haushalte erreichten beide den Mittelwert 3.1 bei den Umweltstandards, was auch eine weitere Verbesserung bedeutete.

Lediglich die Probleme der Infrastruktur wurden nicht gelöst. Die bereitgestellten Summen der Regierung waren wiederum nicht in der Lage, die Situation zu verbessern. Dieses wurde dann auch in dem letzten Treffen der Kommission Zukunft zum bestimmenden Thema, denn mit allen anderen Bereichen wie beispielsweise der finanziellen Entwicklung und der stetigen Verbesserung der Umweltstandards waren die Schüler ganz zufrieden. Die letzte Parlamentssitzung brachte keine neuen Entwicklungen mehr zutage, denn der Trend, der sich in der letzten Runde angedeutet hatte, konnte und sollte fortgesetzt werden. Am Ende des Tages hieß es demzufolge auch in der letzten Ausgabe der Ökowi-News: „Präsident lobt seine Bürger und ist zufrieden“ und „Regierung, Unternehmen und Haushalte auf dem richtigen Weg!“. Am Abend gaben die Schüler dann die Entscheidbögen ab und waren bereits bei der Abgabe sehr gespannt auf das Ergebnis der letzten Spielrunde. Nachdem sie einen vorbereiteten Kritikbogen zum Planspiel ausgefüllt hatten, wurden sie entlassen.

 

 

 

Nachbereitung

Die Präsentation der Ergebnisse des Berichtsjahres 14 konnte erst in der regulären Unterrichtsstunde am Freitag erfolgen, da die Stunde am Mittwoch wegen einer Klausur ausfallen musste. Viele Schüler fragten bereits in der Zwischenzeit nach den Ergebnissen, wurden aber stets auf Freitag verwiesen.

Auf der finanziellen Seite hatten bis auf actio futura alle Spielgruppen in der letzten Spielrunde ein Defizit erwirtschaftet. Die Regierung hatte einen Ausgabenüberschuß in Höhe von 726.265.00 Fr. zu verbuchen, die Öko-AG 736.000 Fr., Familie Grün 13.533 Fr. und Familie Blau 8.353 Fr. Der Einnahmenüberschuß von actio futura belief sich auf 1.755.000 Fr. Erfreut waren die Schüler aber über den Fortschritt in der ökologischen Situation des Landes. Das Ausmaß der Umweltprobleme am Jahresende wurde weiter reduziert und auch die Standards der im Lande hergestellten Produkte konnten weiter verbessert werden. Auch die privaten Haushalte konnten die Mittelwerte der Umweltstandards weiter steigern. Familie Grün erreichte 2.8 (Vorjahr 3.1), Familie Blau immerhin 3.0 (Vorjahr 3.1). Positiv war auch die Tatsache, dass die Verhältnisse auf den Straßen und auf der Schiene verbessert werden konnten. Massive Ausgaben der Regierung in diesen Bereichen führten zu einer Verbesserung auf der Straße von 7.0 auf 5.6 und auf der Schiene von 6.1 auf 4.8.

Bilanzierend kann gesagt werden, dass diese Schülergruppe in dem Bereich der Wirtschaft nicht sehr erfolgreich war. Statt eines stetigen Wirtschaftswachstums war ein Auf und Ab erkennbar. Die Erfolge auf dem ökologischen Sektor hingegen waren eindrucksvoll.

Abschließend wurde dann noch die Auswertung des Kritikbogens bekanntgegeben. Es wurde deutlich, dass die Schüler in ihrer subjektiven Einschätzung mit sehr viel Spaß sehr viel gelernt hatten. In einer letzten Stunde dieser Unterrichtsreihe haben die Spielgruppen über ihre Maßnahmen und Entscheidungen reflektiert und diese im Plenum erläutert. Außerdem stellte der Vorsitzende der Kommission Zukunft eine letzte Ausgabe der Ökowi-News vor, die er ohne Arbeitsauftrag erstellt hatte. In dieser Ausgabe der Zeitung wurde noch einmal der gesamte Verlauf des Spieles dargestellt. Außerdem wertete er alle statistischen Jahrbücher aus und stellte einige markante Daten in einer Übersicht zusammen. Damit wurde diese Spielrunde abgeschlossen, obwohl die Schüler am liebsten noch ein weiteres Jahr gespielt hätten.

 

 

 

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1Giesecke, H., Methodik des politischen Unterrichts. München 1973, S. 83.

2S. http://www.planspiel.de/Planspiel/defi.htm. Auf den Seiten von www.planspiel.de befindet sich das Internet-Angebot der Gesellschaft für integrierte Management-Ausbildung mbH (GiMA) in Balingen.

3Vgl. Giesecke, H., Methodik des politischen Unterrichts. München 1973, S. 82.

4Hessisches Kultusministerium, Rahmenplan Gymnasiale Oberstufe. Gemeinschaftskunde (Kursstrukturplan). Frankfurt 1995, S. 7.

5Kursstrukturplan, S. 29.

6Vgl. Kurzfassung des MEMORANDUM ’98 der Arbeitsgruppe ‘Alternative Wirtschaftspolitik’ Bewegung in Europa - Blockade in Deutschland. Kurswechsel für Beschäftigung, Köln 1998. Quelle: http://www.barkhof.uni-bremen.de/kua/memo/memo98/memo98ku.pdf.

7Die Begriffe „Ökonomie“ und „Wirtschaft“ werden parallel verwendet.

8OEKOWI-Systemtraining. Kursleiterunterlagen, Zürich 1995, S. 2.

9Vgl. Einschätzung und folgende Liste http://www.planspiel.de/Planspiel/vorteil.htm.

10Giesecke, H., Methodik des politischen Unterrichts. München 1973, S. 82-91.

11Ebd., S. 89.

12Giesecke, H., Politische Bildung. Didaktik und Methodik für Schule und Jugendarbeit. Weinheim und München 1993, S. 130. Dort sagt Giesecke, dass sich die Methoden Provokation, Planspiel, Sozialstudie und Tribunal in der Praxis nicht durchsetzen konnten. Lediglich dem Planspiel wird im Zuge der Verbreitung des Computers und entsprechender Programme eingeräumt, wieder interessanter zu werden.

13Fischer, G., „OEKOWI“ Systemtraining, Zürich 1995, S. 6|14. Abweichungen in Rechtschreibung und Grammatik, die das Schweizer Schriftdeutsch charakterisieren, wurden in allen Zitaten, die in der Schweiz publizierten Werken entnommen wurden, originalgetreu belassen.

14Fischer, G., „OEKOWI“ Systemtraining, Zürich 1995, S. 6|14ff.

15Dieser Artikel wurde gegenüber der Vorlage in der hier vorgestellten Unterrichtseinheit modifiziert. Vorgesehen ist, dass in der Ökoland-Parlamentskonferenz, an der alle Mitspieler teilnehmen, die Regierungsmitglieder kein Stimmrecht haben (Gewaltenteilung). Entsprechend der Praxis im Deutschen Bundestag, dass alle Regierungsmitglieder auch Abgeordnete des Bundestages sind und somit bei Abstimmungen mitentscheiden, wurde diese Modifizierung der Gewaltenteilung auch in das Planspiel OEKOWI aufgenommen (Verschränkte Gewaltenteilung).

16In Ökoland gibt es 200 Unternehmen und 20.000 Haushalte. 100 dieser Unternehmen entscheiden sich wie Unternehmen 1 und 100 wie unternehmen 2. 10.000 Haushalte verhalten sich wie Haushalt 1, 10.000 wie Haushalt 2. Dieser Tatsache kommt bei vielen Entscheidungen eine große Bedeutung zu, worauf später noch einzugehen sein wird.

17Vgl. Fischer, G., „OEKOWI“ Systemtraining, Zürich 1995, S. 6|2.

18Alle Preise und Geldbeträge in dem gesamten Planspiel werden in Fr. (Franken) angegeben.

19Fischer, G., „OEKOWI“ Systemtraining, Zürich 1995, S. 7|2.

20Ebd., S. 8|2.

21Ebd., S. 8|2.

22Ebd., S. 10|2.

23Jahr steht in diesem Zusammenhang für Spielrunde.

24Siehe „Statistisches Jahrbuch Berichtsjahr 10“ (Material 6.2.1).

25Die Umweltbelastungswerte werden z.B. wie folgt interpretiert: 1 = geringste Belastung, die erreichbar ist, 2 = geringe Belastung, 3 = eher geringe Belastung, 4 = eher große Belastung, 5 = große Belastung, 6 = sehr große Belastung, 7 = katastrophale Belastung.

26Ablaufplan siehe Material 6.2.18.

27Fischer, G., Die Förderung eines ganzheitlich orientierten Wirtschafts-, Staats- und Ökologieverständnisses bei Mittelschülern am Beispiel des OEKOWI-Systemtrainings und seinem Einsatz durch die Ernst Schmidheiny Stiftung als Ergänzung zu den Wirtschaftswochen mit dem WIWAG Management Game. Dissertation St. Gallen Nr. 1511, Bamberg 1994, S. 14.

28Das obligatorische und staatliche Schulsystem umfaßt 9 Jahre. Danach fällt die Entscheidung zur Berufsausbildung, zur Mittelschule (Dauer: 3 Jahre) oder zur gymnasialen Ausbildung (4 Jahre) mit Matura-Abschluß. Wahlweise wird danach eine höhere Fachschule oder ein Universitätsstudium absolviert. Die Mittelschüler, auf die OEKOWI abgestimmt ist, entsprechen also in etwa einem Fachoberschüler.

29Fischer, G., Förderung, S. 36.

30Ebd., S. 209f.

31Ebd., S. 101.

32Ebd., S. 55.

33Die Lenkungsabgaben haben in dem OEKOWI-Systemtraining neben den Steuern eine sehr hohe Bedeutung, da diese von der Regierung ohne Parlamentsbeschluß eingeführt werden können.

34Die Regierung hatte demzufolge 5 Stimmen, Familie Grün 2 Stimmen, Familie Blau 2 Stimmen, Unternehmen Öko-AG 3 Stimmen, Unternehmen actio futura 3 Stimmen und die Kommission Zukunft 1 Stimme.

35Ein Mitglied der Spielgruppe Öko-AG (Jens) konnte wegen einer Führerscheinprüfung erst später teilnehmen.

36Gemeint ist z.B. eine Steigerung des Umweltstandards der Produkte. Eine Steigerung von 4.0 auf 3.5 wären in diesem Fall 5 Steigerungsschritte à 1000 Fr.

37An diesem Punkt kommt die hohe Aggregation zum Tragen, denn die Anträge, die ein Haushalt stellt, gelten nicht nur für ihn, sondern für 10.000 Haushalte. S. Fischer, G., Förderung, S. 253.

38Erfahrene Spielleiter kalkulieren 3-4 Zeitstunden für eine Spielrunde

39Grundlage ist Artikel 10 der Ökoland-Verfassung. Dort heißt es „Zum Schutze der Umwelt kann der Staat Lenkungsabgaben, Oekobonus und Umweltzertifikate einführen“ Fischer, G., „OEKOWI“ Systemtraining, Zürich 1995, S. 6|15.

40Diese Praxis wurde auch bei der Ausbildung zum OEKOWI-Systemtrainer empfohlen.

41Rappen pro Kilowattstunde. Problematisch ist dieser Wert allerdings bei den Preisen für Benzin und Diesel, der ansonsten stets pro Liter berechnet wird. Eine Erhöhung um 10 Rp./kWh führt zu einer Verteuerung um 100 Rp./Liter. Die Schreibweise mit einem Punkt statt einem Komma entspricht der schweizerischen Schreibweise.

42Eine Schülerin war am Dienstag krank, so dass das Unternehmen actio futura nur noch mit zwei Schülerinnen besetzt war. Für die Abstimmungen wurde beschlossen, dass das Unternehmen weiterhin 3 Stimmen hat.

43Dieser Mittelwert bezieht sich auf die Umweltstandards folgender Bereiche: Persönlicher Bedarf, Einrichtung und Unterhalt, Heizung, Freizeit und Privatverkehr.

44Bei solchen allgemein gehaltenen Wertungen entsprechen die Ziffern folgender Interpretation: 1 = sehr zufrieden, 2 = neutrale Beurteilung, weder zufrieden noch unzufrieden, 7= sehr unzufrieden.